Das Prinzip der Nullfehlertoleranz

In der Medizin haben Irrtümer keinen Platz. Den menschlichen Fehler gilt es weitestgehend auszumerzen. Dementsprechend müssen auch die Instrumente und Produkte, die von Medizinerinnen und Pflegekräften verwendet werden, und deren technische Dokumentation fehlerfrei und vor allem eindeutig sein. Fehler in der Übersetzung sind schwerwiegend, denn sie können Schäden an Geräten oder im schlimmsten Fall an Menschen verursachen. Es muss das Prinzip der Nullfehlertoleranz zu gelten, absolut und ohne Diskussion. Wer Marketing- oder Literaturübersetzungen liebt, in denen mit Sprache ausgiebig gespielt werden darf und es zum guten Stil gehört, sich vom Ausgangstext zu lösen, muss sich beim Übersetzen von Medizintechnik stark zurücknehmen. Das kann durchaus herausfordernd sein und einen hohen Erwartungs- und Belastungsdruck nach sich ziehen. Auch das Korrektorat erfordert mehr Konzentration und Präzision, als dies in manch anderen Fachbereichen der Fall ist, da die Übersetzung minutiös auf komplette inhaltliche und sachliche Deckungsgleichheit mit dem Ausgangstext überprüft werden muss.

Normen als ein Pfeiler der Qualitätskontrolle

Auf freiheitsliebende und kreative Köpfe können diese Prinzipien und das Arbeiten mit Normen sehr einengend und abschreckend wirken. Doch im Grunde sind es genau diese Regeln, die das Übersetzen von Dokumenten für die Medizintechnikbranche so lohnend machen. Wenn ich mich an die Vorschriften, etablierten Formulierungen und die vorgegebene Terminologie halte, stelle ich sicher, dass korrekte und exakte Übersetzungen entstehen. Normen helfen dabei, denn werden sie regelmäßig konsultiert, können sie als eine in den Übersetzungsprozess (zusätzliche?) integrierte Qualitätskontrolle betrachtet werden. Wenn ich davon ausgehe, dass die in den Normen verwendete Terminologie und das Glossar des Kunden geprüft wurden, dass das Medizinprodukt, seine Funktionen und Eigenschaften von einer sogenannten „Benannten Stelle“ bewertet wurden und schließlich bei der Erstellung des Ausgangstextes alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten worden sind, dann stelle ich mit der Einhaltung all dieser Regeln bereits ein hohes Maß an Qualität sicher.

Übersetzen von Medizintechnik als lohnende Arbeit

Durch Normen wird das Übersetzen in der Medizintechnik also nicht erschwert. Sie machen das Leben der Übersetzerin sogar leichter. Wer sich auf die Arbeit mit Normen einlässt, wird mit der Gewissheit belohnt, dass es keinen Spielraum für Interpretation gibt. Davon profitiert der Hersteller des Medizinprodukts ebenso wie die Institutionen und Organisationen, die sie nutzen. Und davon profitieren letztendlich wir alle als Patienten. Genau das ist es auch, was die Spezialisierung auf den Bereich Medizintechnik als Übersetzer so spannend macht: Wem es gelingt, die eigene Kreativität, den eigenen Stil und die eigene Persönlichkeit zurückzunehmen und sich eisern an die Vorgaben zu halten, wird mit dem Gefühl belohnt, die Welt insgesamt ein bisschen besser und verständlicher gemacht zu haben.

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